2021

Moskopp, W. (2021). Verbindlichkeit. Transzendentale Architektonik und Pragmatistische Methodologie in der Moralphilosophie. Freiburg: Alber.

 
In der jüngeren Philosophie entbrannte eine Debatte über den Geltungsanspruch ethischer Aussagen. Wie sich zeigen lässt, treten im Spektrum der metaethischen Positionen dialektische Begründungsmuster im Stile der vorkantischen Metaphysik auf. Die vorliegende Studie untersucht, ob sich die Metaethik auf ähnliche Weise „therapieren“ lässt wie die Metaphysik zu Kants Zeiten. Sie entwickelt dazu eine transzendentale Architektonik der Moralphilosophie und übergibt die Aufgabe der Moralforschung an empirische Wissenschaften, wobei eine pragmatistische Methodologie gewährleistet, dass diese unterschiedlichen Perspektiven nahtlos ineinander übergehenden.

Cojocaru, M. (2021). Menschen und andere Tiere. Pläydoyer für eine leidenschaftliche Ethik. Darmstadt: wbg.

 Wenn Massentierhaltung ethisch nicht vertretbar ist – warum halten wir noch daran fest?
Die Veröffentlichungen zu Tierschutz und Tierwohl sind in den vergangenen Jahrzehnten sprunghaft angestiegen. Prinzipiell scheinen sich Autor:innen, Politik und Konsument:innen einig zu sein: nicht artgerechte Tierhaltung und Tierversuche stellen Probleme dar, die es zu lösen gilt. Die Praxis sieht aber oft ganz anders aus. Dr. Mara-Daria Cojocaru betrachtet dieses komplexe Thema aus Sicht der pragmatischen Philosophie und analysiert die Diskrepanz zwischen Wunsch und Wirklichkeit kenntnisreich:
– Leidenschaftliches Denken: Die zentrale Bedeutung von Empfindungen für ein gemeinsames Werteverständnis
– Welche Rolle spielen Tierliebe und Emotionen in der Mensch-Tier-Beziehung?
– Überlegungen zur politischen Wende in der Tierethik: Mehrebenen-Tierpolitik als Lösung?
– Zweifel am System: Erfahrungen aus der Tierversuchskommission
– Warum Einzelentscheidungen tugendhafter Konsumbürger:innen nicht ausreichen

Tierwohl – genügt die eigene Überzeugung oder braucht es ein Gesetz?
In Diskussionen äußern sich die Wenigsten gegen den Tierschutz – selbstverständlich ist es ein allgemeines Anliegen, Tieren die bestmöglichen Lebensumstände zu bieten. Im gelebten Alltag scheitern die gleichen Menschen aber oft schon am Supermarktregal. Nicht jeder ist bereit, ständig das Für und Wider von Kaufentscheidungen abzuwägen. Welche Rolle die Politik spielen sollte, um ethischen Konsum im Sinne des Tierwohls zu ermöglichen, präsentiert Frau Dr. Cojocaru in ausführlichen Gedankenexperimenten. Gefühle und Ethik im Kampf für Tierrechte: Ein leidenschaftliches Buch, das nachdenklich macht und Emotionen mit philosophischem Diskurs verbindet!

Sölch, D. & Ritter, B. (Eds.) (2021). Wittgenstein und die Philosophiegeschichte. Freiburg: Herder.

 Wie kaum ein Philosoph in akademischen Amt und Würden zuvor hat Ludwig Wittgenstein damit kokettiert, sich in der Geschichte seines eigenen Faches nur rudimentär auszukennen. Diese ironische Selbstcharakterisierung hat, ebenso wie Wittgensteins scheinbar ahistorische Art des Philosophierens, dazu geführt, dass seine oftmals subtile Auseinandersetzung mit philosophiegeschichtlichen Autoren wenig beachtet wurde. Der Band untersucht sowohl historische als auch systematische Bezüge zwischen seiner Philosophie und verschiedenen Protagonisten der Geistesgeschichte, insbesondere Platon, Aristoteles, Kant, Kierkegaard, William James, Freud, Whitehead, Spengler, Heidegger und Cavell.

Nungesser, F. (2021). Die Sozialität des Handelns. Eine Aktualisierung der pragmatistischen Sozialtheorie . Frankfurt: Campus.

 Handeln, Denken und Identität sind von Grund auf sozial. Menschliche Individuen sind motivational auf Sozialität hin ausgerichtet; ihre Identität wird in Sozialität ausgebildet und revitalisiert; ihr Handeln und Denken wird durch Sozialität strukturiert. Diese These einer konstitutiven Sozialität des Handelns findet sich im klassischen Pragmatismus konsequent ausformuliert. Frithjof Nungesser analysiert die konflikt- und folgenreichen Entstehungsbedingungen sowie die inneren Zusammenhänge und Spannungen dieser Theorieposition. Darauf aufbauend reformuliert er sie im Rückgriff auf aktuelle lebenswissenschaftliche Befunde – insbesondere aus Primatologie, Linguistik, Kultur- und Entwicklungspsychologie. So wird der Pragmatismus als eine Sozialtheorie sichtbar, die Evolution, Handeln und kulturelle Entwicklung in nicht-reduktionistischer, innovativer und empirisch haltbarer Weise verknüpft. Review

Müller, M. (2021). Rorty lesen. Heidelberg: Springer.

 Das essential bietet eine systematische Anleitung für eine fruchtbare Rorty-Lektüre. Zugleich stellt es eine kurze Einführung in die Grundzüge von Richard Rortys Neopragmatismus dar. Der Autor schlägt vor, ihn als fragile Balance von Pragmatismus und Romantik zu lesen, mit der Rorty unser Selbstbild ändern will. Außerdem erläutert er diesen transformativen Anspruch anhand einer Skizze von „Kontinenz, Ironie und Solidarität“ und der utopischen Figur der liberalen Ironikerin. Das essential schließt mit einem Hinweis auf Rortys bisher verkannte ethisch-politische Motivation und mit dem methodischen Vorschlag für das Weiterlesen seiner Texte: Man muss die pragmatistische Methode auf ihn selbst anwenden.

Leypoldt, G. & Berg, M. (Eds.) (2021). Authority and Trust in US Culture and Society. Interdisciplinary Approaches and Perspectives. Bielefeld: transcript.

 In the past two decades, a discourse of crisis has emerged about the democratic institutions and political culture of the US: many structures of authority which people had more or less taken for granted are facing a massive public loss of trust. This volume takes an interdisciplinary and historical look at the transformations of authority and trust in the United States. The contributors examine government institutions, political parties, urban neighborhoods, scientific experts, international leadership, religious communities, and literary production. Exploring the nexus between authority and trust is crucial to understand the loss of legitimacy experienced by political, social, and cultural institutions not only in the United States but in Western democracies at large.

Festl, M. (Ed.) (2021). Handbuch Liberalismus. Stuttgart: J.B. Metzler.

 Keine Denkungsart kann es in Sachen Wandlungsfähigkeit mit dem Liberalismus aufnehmen. Ohne diese Eigenschaft wäre dieser kaum über Jahrhunderte hinweg einflussreich geblieben. Folglich sollte man den Liberalismus – allen Unkenrufen zum Trotz – auch heute nicht unterschätzen. Das Handbuch fragt, wie sich der Liberalismus wieder neu erfinden muss, um die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern, und welche Werte dabei nicht verhandelbar sind. Auf dem Weg dorthin werden klassische Vertreterinnen und Vertreter sowie historische Ereignisse vorgestellt, in denen der Liberalismus eine wichtige Rolle gespielt hat, Konkurrenten und Varianten des Liberalismus besprochen sowie „über den Westen hinaus“ geschaut.

Polke, C. & Seibert, C. (Eds.) (2021). Josiah Royce
Pragmatist, Ethicist, Philosopher of Religion
. Tübingen: Mohr Siebeck.

 Josiah Royce gehört zweifelsohne zu den interessantesten Denkern der klassischen amerikanischen Philosophie im Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert. Sein Werk erstreckt sich über eine große Bandbreite an Themen, von der Psychologie über sozialphilosophische Fragen bis hin zur Metaphysik. Dabei entwickelt Royce im Umfeld von Denkern wie William James oder Charles Sanders Peirce eine Konzeption des Pragmatismus, die er selbst als »absolute pragmatism« bezeichnet, und die um eine Theorie der Gemeinschaft kreist. Die Beiträge des Sammelbandes greifen diese pragmatistische Stoßrichtung seines Werkes auf und diskutieren sie in unterschiedlichen Perspektiven. Gefragt wird u.a. nach Royces Verhältnis zum deutschen Idealismus, nach der Grundlegung seiner Ethik sowie nach seiner philosophischen Gotteslehre und Religionsphilosophie. Dabei kommen durchaus divergierende Einschätzungen seiner Philosophie zum Vorschein, die je für sich von der bleibenden Aktualität seines Denkens für unsere Gegenwart zeugen.   List of Contributions

Kehrbaum, T. (2021). Zwischenmenschliche Bildung und politische Handlungsfähigkeit. Eine Theorie der Praxis gewerkschaftlicher Bildung. Frankfurt: Wochenschau-Verlag.

 Gemeinschaftsstärkende Bildungsprozesse werden angesichts der krisenhaften gesellschaftlichen Herausforderungen zu einer Frage des Überlebens unserer demokratischen Lebensform. Als Beispiel dafür wird in dieser Studie ein neuer Zugang zur Praxis gewerkschaftlicher Bildung entwickelt.
Die humane Kooperations- und Solidaritätsfähigkeit bildet dabei den archimedischen Punkt von Bildungsprozessen. Zwischenmenschliche Kooperation und gemeinsam geteilte Ziele und Werte werden gerade in der gewerkschaftlichen Bildung ins Zentrum didaktischer Überlegungen gestellt. Ziel ist die demokratische Gestaltung der Wirtschaft. Die im Arbeitsalltag erfahrbare Fähigkeit zum Miteinander-, Voneinander- und Füreinanderlernen wird in diesen Bildungsprozessen aufgegriffen und zu solidarischen Handlungsformen weiterentwickelt.
Kehrbaum greift die theoretischen Ansätze des Philosophen und Pädagogen John Dewey auf, wendet diese mit Hilfe weiterer philosophischer und pädagogischer Theorien kreativ an und entwickelt sie am Beispiel aktueller wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Probleme weiter. Seine Studie ist eine fundierte Neukonstruktion pädagogischer Ansätze in der gewerkschaftlichen Bildung, die wichtige Impulse für politische Bildungsprozesse auch außerhalb der Gewerkschaften gibt. Zudem legt er anschaulich dar, wie diese didaktischen Neuerungen in der Bildungspraxis angewendet werden können.

Veith, S. & Held, Ch. & Schwuchow, T. (Eds.) (2021). Soziale Hoffnung, liberale Ironie.
Zur Aktualität von Richard Rortys politischem Denken
. Baden-Baden: Nomos.

 This volume responds to the growing interest in Richard Rorty as a political thinker and critic of the academic left. It introduces Rorty’s understanding of politics and democracy and shows his relevance for current debates in the context of the erosion of liberal democracy.   Rorty opens up a perspective that addresses both the impetus of postmodern individualism and the goal of a classless society. The contributions this book contains show that, as a political thinker, Rorty passionately took sides in favour of social democratic reform policy and, at the same time, sought to unravel the political antagonisms currently under discussion. These include the relationship between identity and redistribution policies, the conflicts between national solidarity and human rights universalism, and the tension between state policy and global interdependence.
Richard Rorty was a provocative political thinker who combined class political social criticism with postmodern irony. His flair for the problems of the new left and his original perspective on liberalism, solidarity and human rights provide us with important impetus for current debates on the state and democracy. Flyer

Articles

Festl, M. (2021): John Dewey. In: Festl, M. (Ed.) Handbuch Liberalismus. Stuttgart: J.B. Metzler, 99-106.

Festl, M. (2021): Democracy’s Trade-Off. Review of Michael Räber, Knowing Democracy. A Pragmatist Account of the Epistemic Dimension in Democratic Politics, European Journal of Pragmatism and American Philosophy 13 (1).

Filipovic, A. (2021): Royce and Mead on the Foundations of Ethics. In: Polke, C. & Seibert, C. (Eds.) Josiah Royce. Pragmatist, Ethicist, Philosopher of Religion. Tübingen: Mohr Siebeck, 109-122.

Leypoldt, G. (2021): Introduction. Authority and Trust in the United States. In: Leypoldt, G. & Berg, M. (Eds.) Authority and Trust in US Culture and Society. Interdisciplinary Approaches and Perspectives. Bielefeld: transcript, 9-36

Linde, G. (2021): „[A] religion of the social consciousness“: Royce’s Translation of Christian Religion into Social Philosophy and his Concept of Interpretation. In: Polke, C. & Seibert, C. (Eds.) Josiah Royce. Pragmatist, Ethicist, Philosopher of Religion. Tübingen: Mohr Siebeck, 181-218.

Nagl, L. (2021): Towards a Globalized Philosophical Discourse on Religion: Royce Re-reads Kant and Hegel in the Light of James and Peirce (thereby opening „Windows to Asian Thought“). In: Polke, C. & Seibert, C. (Eds.) Josiah Royce. Pragmatist, Ethicist, Philosopher of Religion. Tübingen: Mohr Siebeck, 15-52.

Nungesser, F. (2021): Pragmatism and Interaction. In: von Lehn, D. & Ruiz-Junco, N. & Gibson, W. (Eds.) The Routledge International Handbook of Interactionism. London: Routledge

Polke, C. (2021): Loyalty and Covenant. On Royce’s Spiritual Communitarianism. In: Polke, C. & Seibert, C. (Eds.) Josiah Royce. Pragmatist, Ethicist, Philosopher of Religion. Tübingen: Mohr Siebeck, 139-162.

Schlette, M. (2021): Digitale Selbstwirksamkeit. Zum Entwicklungspotenzial der neuen Medien für die demokratische Öffentlichkeit. In: Held, B. & van Oorschot, F. (Eds.): Digitalisierung: Neue Technik – neue Ethik?, Heidelberg: heiBooks, 73-103.

Schlette, M. (2021): Rez. zu Logi Gunnarsson, Vernunft und Temperament. Eine Philosophie der Philosophie, European Journal of Pragmatism and American Philosophy 13 (1).

Schlette, M. (2021): Pragmatismus. In: Lorenz, S. (Ed.) In Gesellschaft Richard Sennets. Bielefeld: transcript, 177-194.

Schlette, M. (2021): „[…] choose your cause and serve it“. The Individualization of the Moral Law according to Simmel and Royce. In: Polke, C. & Seibert, C. (Eds.) Josiah Royce. Pragmatist, Ethicist, Philosopher of Religion. Tübingen: Mohr Siebeck, 123-138.

Seibert, C. (2021):The Ethical Nucleus of Reality. Reflections on the Foundations of Royce’s Theory of Knowledge. In: Polke, C. & Seibert, C. (Eds.) Josiah Royce. Pragmatist, Ethicist, Philosopher of Religion. Tübingen: Mohr Siebeck, 53-76.

Sölch, D. (2021): Ralph Waldo Emerso. In Festl, M. (Ed.) Handbuch Liberalismus. Stuttgart: J.B. Metzler, 75-82.

Sölch, D. (2021): Es klingt wie Pragmatismus… – Ludwig Wittgenstein und William James. In: Sölch, D. & Ritter, B. (Eds.) Wittgenstein und die Philosophiegeschichte. Freiburg: Herder.

Stievermann, J. & Jetter. C (2021): “We believe that we have a right to revelations, visions, andvdreams from God”. Joseph Smith, Ralph Waldo Emerson and the Transformation of
Religious Authority in the Antebellum Period. In: Leypoldt, G. & Berg, M. (Eds.) Authority and Trust in US Culture and Society. Interdisciplinary Approaches and Perspectives. Bielefeld: transcript, 167-190.

Stievermann, J. (2021): Emersonian Transcendentalism and the Invention of Religion(s) in the Nineteenth Century, ESQ: A Journal of Nineteenth-Century American Literature and Culture,  67 (3-4), 533-570.

Viola, T. (2021): Contingency and Normativity. The Challenges of Richard Rorty by Rosa M. Calcaterra (review), The Pluralist 16 (3), 126-130.

Viola, T. (2021): Edgar Wind on Symbols and Memory: Pragmatist Traces on a Warburgian Path, Visual History: Rivista internazionale di storia e critica dell’immagine 6, 99-116.

Viola, T. (2021):  Review of William James, Carl Stumpf, Correspondence (1882–1910), ed. Riccardo Martinelli. Walter de Gruyter 2020. Studia Philosophica, 80, 142-144.

Viola, T. (2021): Pragmatismus. In:  Berek, M. et. al. (Eds.), Handbuch sozialwissenschaftliche Gedächtnisforschung: Band 1: Grundbegriffe und Theorien, Heidelberg: Springer.

Wortmann, K . (2021): To Human is a Verb: Pragmatizing Humanism for Education. In: Creativity, Courage, Chances , hg. von L. Böckmann, S. Engelmann, P. Reichrath und A. Rohstock. Tübingen: Tübingen University Press, 45 – 56.